Careleaver: "Wir können nichts für die schwierigen Startbedingungen, die uns in die Jugendhilfe gebracht haben!"
Careleaver haben, im Gegensatz zu Jugendlichen, die zu Hause aufwachsen können, oft mit besonderen Schwierigkeiten und Herausforderungen umzugehen. Sie können weniger auf stabile Beziehungen und familiäre Unterstützung zurückgreifen, haben häufig finanzielle Probleme und sind auf Grund der biografischen Erlebnisse auch emotional belastet. Trotzdem werden sie - meistens schon mit ca. 18 Jahren - in eine oft unzureichend geklärte Zukunft entlassen. Gibt es nach dem Jugendhilfeende größere Schwierigkeiten, können sie nur äußerst selten zurück in ihre ehemalige Wohngruppe oder Erziehungsstelle (obwohl das Gesetz diese Möglichkeit vorsieht). Pflegefamilien sind vergleichsweise häufiger in der Lage, Nothilfe zu leisten und Pflegekinder wieder aufzunehmen, allerdings erhalten sie hierfür kein Pflegegeld vom Jugendamt mehr. Somit decken Pflegeeltern notgedrungen auf privater Basis Leistungen ab, die eigentlich vom öffentlichen Jugendhilfeträger zu leisten wären.
Während aus der Forschung bekannt ist, dass sich Jugendliche, die bei ihren Eltern leben können, immer mehr Zeit mit dem Erwachsenwerden und dem Auszug lassen (im Durchschnitt wird das Elternhaus von Frauen mit 23,9 Jahren und von Männern mit 25,1 Jahren verlassen - vgl. Eurostat 2009), wird von Careleavern oft erwartet, dass sie schon mit der Volljährigkeit auf eigenen Beinen stehen. Dabei werden sie häufig mit ihren Sorgen und Nöten allein gelassen, oder sie müssen bei verschiedenen Leistungsträgern ihre Ansprüche geltend machen und werden im Zweifelsfall wegen einer unklaren Zuständigkeit von allen Ämtern abgewiesen.
Durch die eingeschränkten Sparmöglichkeiten während der Jugendhilfe (75 % des Einkommens müssen i.d.R. als Kostenbeteiligung an das Jugendamt gezahlt werden; ein Job lohnt sich aus finanzieller Sicht kaum; dass es die Möglichkeit gibt, eine Befreiung / Reduzierung der Kostenheranziehung zu beantragen, ist vielen Jugendlichen und auch den pädagogischen Fachkräften gar nicht bekannt), ist es den Jugendlichen schwer möglich, für eine nötige Kaution oder größere Anschaffungen zu sparen. Auf dem Wohnungsmarkt haben Careleaver dadurch erhebliche Nachteile. Selbst wenn sie die stationäre Jugendhilfe aus eigenem Antrieb verlassen wollen, ist das oft nicht möglich, da sie trotz intensiver Suche monatelang keine Wohnung finden.
Zur rechtlichen Ausgangssituation wurde von der IGFH und Prof. Dr. Reinhard Wiesner eine Expertise erstellt, die Ihr hier herunterladen könnt.